Oberbadische Zeitung vom 07.05.2013:

"Die Zeiten haben sich geändert"

Rheinfelden-Nollingen (mib). Beim Runden Tisch der Bezirksligisten zum Thema Gewalt auf dem Fußballplatz wurde am Freitagabend deutlich, dass die Aktiven nicht das Hauptproblem in dieser Angelegenheit sind. Vielmehr sind halb starke Jugendliche ab der C-Jugend das große Sorgenkind. Für Heiko Lehmann (FC Grießen) ist das Desinteresse der Eltern ein Grund für die Auswüchse. "Es interessiert doch viele gar nicht, was ihre Kinder auf dem Fußballplatz machen." Die Trainer würden einen Bildungsauftrag bekommen. "Viele Trainer sind aber schlichtweg überforder." In Nollingen würden auffällige Kandidaten, die ihr Verhalten nicht ändern, aus dem Verein ausgeschlossen. "Wir kümmern uns um sie, aber irgendwann ist das Ende erreicht", so Konrad Enz. Konsequent sei man da, betonte der Vorsitzende Emil Franz. "Die machen den Sport kaputt, wenn man nicht durchgreift." Enz war der Meinung, dass die Vereine nicht Spieler aufnehmen sollten, die bei einem andern Verein schon auffällig gewesen seien. "Auch wenn sie fußballerisch noch so gut sind." Dagegen wehrte sich Weils Trainer Tiziano Di Domenico etwas. Vereine stünden in der Verantwortung. Denn die Gesellschaft heute sei einfach nicht mehr vergleichbar mit der von früher. "Damals war das ein behütetes Leben, die Mama war zu Hause. Das ist nicht mehr so. Die Zeiten haben sich geändert, die Familien stehen unter Druck." Vielmehr sollten die Vereine einmal über die Bücher gehen und nachschauen, wie viel Geld sie für den Aktivbereich ausgeben und wie viel für die Jugend. "Ich bin mir sicher, da ist genügend Potenzial vorhanden. Dann könnte man auch entsprechend qualifizierte Trainer für den Jugendbereich holen." Sein Hertener Trainerkollege Thorsten Szesniak stieß ins gleiche Horn. Vereine hätten auch einen pädagogischen Auftrag. "Es ist falsch, wenn Jugendliche keinen mehr Vereinen finden, weil sie Mist gebaut haben." Verharmlosen wollte Ralf Brombacher solch aggressive Zeitgenossen nicht und berichtete von C-Jugendspielern, die einen Schiri zusammengeschlagen haben, von Mails und Facebook-Einträgen, die mit Beleidigungen vollgepflastert sind, oder von einem Jung-Schiedsrichter, der im Restaurant bedroht worden sei. "So wichtig ist doch kein Kick", meinte Brombacher, der froh war, dass die Bezirksligisten mit ersten Ergebnissen aufwarteten, die ab kommendem Wochenende in die Tat umgesetzt werden sollen (wir berichteten). "Wir müssen oben anfangen und das nach ganz unten durchdrücken", so der Schiri-Obmann und setzt dabei auch auf die "Außenwirkung". Szesniak unterstrich: "Werte vermitteln heißt: Lernen von Alt zu Jung."