EHRENKODEX UNTER BEZIRKSLIGISTEN

Oberbadische vom 06.05.2013

Maßnahmenkatalog "Nollinger Agenda":

BEGRÜSSUNG: Ab dem kommenden Wochenende (11./12. Mai 2013) geben sich in der Bezirksliga Hochrhein nach der Platzwahl die Spieler und der Schiedsrichter die Hand. Als Vorbild dient die Champions League. Die Heimmannschaft fängt an.

VERABSCHIEDUNG: Nach Spielschluss treffen sich Spieler, Trainer und Schiris im Mittelkreis zur Verabschiedung.

TREFFEN: Eine Woche vor dem Start in die neue Runde und eine Woche vor Beginn der Rückrunde wird es ein Treffen geben. Dort sollen sich Trainer und die infrage kommenden Schiris kennenlernen, diskutieren und die einzelne Geschehnisse ansprechen.

FANS: Die Vereine werben bei Heimspielen für Respekt und Miteinander (im Stadionheft, über den Stadionsprecher, auf der Homepage etc) und machen Zuschauer, die dieser Aufforderung nicht Folge leisten, auf ihr Fehlverhalten aufmerksam. Auch ein Verweis vom Sportgelände ist denkbar.

Bezirksligisten setzen wichtiges Zeichen

Von Mirko Bähr Rheinfelden-Nollingen. Die Bezirksligisten zeigen der Gewalt die Rote Karte: Bei dem vom SV Nollingen ins -zenierten Runden Tisch sprachen sich Trainer und Funktionäre von zehn Vereinen des Bezirksoberhauses für mehr Respekt und Miteinander aus und brachten einen Vier-Punkte-Plan auf den Weg. Das Shakehands vor und nach der Partie wie in der Champions League soll der Anfang sein. Die Nollinger Kicker hatten eingeladen, nachdem am vergangenen Wochenende sämtliche Partien auf Bezirksebene abgesagt wurden. Eine Aktion, die auch medial bundesweit ein großes Echo fand. Die Vereinsvertreter diskutierten mit den Funktionären des Fußballbezirks Hochrhein. Vorsitzender Uwe Sütterlin, sein Vize und Schiri-Obmann, Ralf Brombacher, und der Vorsitzende des Bezirkssportgerichts, Rainer Koller, waren ebenfalls der Einladung gefolgt. "Diese Absage ist nicht die Reaktion auf ein Spiel. Ich habe das Gefühl, dass das noch nicht alle verstanden haben", ließ Ralf Brombacher wissen. 17 Spielabbrüche habe es in dieser Spielzeit bislang gegeben. 14 Mal wegen einer Tätlichkeit gegen den Schiedsrichter. "Das B-Junioren-Spiel war nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat", so Brombacher. "Meine Schiedsrichter haben Angst", betonte Ralf Brombacher und appellierte an den Respekt und das Mit- einander. "Der Dialog ist wichtig", so der Schiri-Obmann, der sich über einige Aktionen freute, die Vereine nach der Spieltagabsage in die Wege leiteten. Er nannte das Video der Eintracht aus Wyhl, mehrere Seiten zu diesem Thema im Stadionheft des FC Schönau oder eine längere Ansage vor dem Spiel des FC Steinen-Höllstein. "Wichtig war uns bei dieser Maßnahme, dass nachgedacht wird, dass alle mal in sich gehen. Wir konnten nicht weitermachen, als ob nichts gewesen war. Schlagen, schimpfen und spucken, das alles hat nichts auf dem Fußballplatz verloren", ließ Uwe Sütterlin wissen. Es entwickelte sich im Anschluss eine lebhafte Diskussion, die sich manchmal in Details verzettelte, aber am Ende von Erfolg gekrönt war. Denn alle waren der Auffassung, dass etwas passieren muss. "Was in letzter Zeit abging, das war unter alles Sau", wurde Konrad Enz, der Abteilungsleiter des SV Nollingen, deutlich. Man müsse einen Konsens finden. "Wir sind die Vorbilder im Bezirk." Und als er gut zwei Stunden später den Runden Tisch auflöste, war ein Vier-Punkte-Plan verabschiedet worden (siehe Kasten). Eine Idee Brombachers war zudem, um wieder etwas Ruhe auf das Spielfeld zu bringen, dass nur Personen auf der Ersatzbank Platz nehmen dürfen, die auch auf dem Spielbogen notiert sind. "Derzeit herrscht dort Betriebsversammlung, jeder bläärt rein." Außerdem sollte nur noch einer an der Seitenlinie etwas sagen und nicht "jedes Mal zwölf Leute aufspringen". Brombacher meinte, dass der Stress dann weniger würde und die Kommunikation einfacher. Thorsten Szesniak warnte vor zu vielen Regularien. "Ich glaube nicht, dass die Anzahl der Personen auf der Auswechselbank das Problem ist, sondern deren Verhalten." Hier heiße es: Ball flach halten. Allerdings würden Emotionen zum Spiel dazugehören. "Fußball ist gerade deshalb populär, weil jeder eine Meinung hat." Aber Schiedsrichter, Trainer und Spieler sollten sich auf Augenhöhe begegnen. Dazu trage aber manchmal auch der Schiri nicht bei. Brombach gab zu, dass die Unparteiischen derzeit "empfindlich" seien. Das habe aber nur einen Grund: "Sie schützen sich." Das Vertrauen tendiere gegen Null momentan, gab Tizian Di Domenico, Coach des SV Weil II, zu. Für Harald Wittke, Trainer des TuS Efringen-Kirchen, stand fest: "Die Schiris sind nicht schlechter als früher." Und trotzdem ist die Unruhe in diesen Tagen groß. Auch deshalb, weil laut Brombacher das Spiel nach 90 Minuten für die Schiris nicht vorbei. "Das zieht sich über Wochen." Ein Grund für die aggressive Stimmung auf dem Rasen seien auch die Zuschauer, die mit ihren Pöbeleien und Beleidigungen für Unruhe sorgen. "Vereine müssen ihre Fans sensibilisieren", meinte Di Domenico, und handeln, wenn es zu Verunglimpfungen käme. Dieser Punkt taucht ebenso im Maßnahmenkatalog auf wie auch das Shakehands vor dem Match. "Wenn jeder Spieler dem Schiedsrichter vor dem Spiel die Hand gibt, wird es ihnen schwerer fallen, den Unparteiischen anzugehen", hieß es in der Runde. Helfen sollen künftig auch zwei Treffen, die vor der Hin- und vor der Rückrunde stattfinden werden. "Dort wird offen, sachlich und ehrlich hinter verschlossenen Türe diskutiert", sagt Ralf Brombacher. Die Trainer treffen dabei auf die Bezirksliga-Schiris, dabei soll es neben dem Kennenlernen auch um regeltechnische Fragen und Erlebnisse gehen, die die Teilnehmer in der Bezirksliga gemacht haben. Und außerdem werden künftig nach Entgleisungen im Stadion oder über das Internet sämtliche Berichte und Kommentare von Schiris, die in Ralf Brombachers Briefkasten oder Mailordner landen, an die Vereine und deren Verantwortliche weitergegeben, damit diese entsprechend handeln können. Der umfangreiche Maßnahmenkatalog soll den Respekt wieder zurückbringen und das Miteinander fördern. "Das heißt nicht, dass Emotionen nun unterdrückt oder die Referees in Watte gepackt werden müssen", ließ Brombacher wissen. Die Situation soll sich entspannen. "Derzeit werden Schiri schon schief angeschaut, wenn sie auf den Parkplatz fahren."

Südkurier vom 04.05.2013

Regionalsport Hochrhein Bezirksliga-Vereine beschließen „Ehren-Kodex“

Zehn von 16 Vereinen schicken ihre Vertreter zur „Respekt-Debatte“ beim SV Nollingen. Künftig treffen sich Trainer und Schiedsrichter zwei Mal pro Saison. „Shake hands“ mit Gegner und Schiedsrichter vor dem Anpfiff soll „Fair-Play“ auf dem Sportplatz forcieren.

Mit einem Schulterschluss haben sich Trainer und Vorstandsmitglieder von zehn Bezirksligisten und Vertreter des Bezirks-Fußballausschusses (BFA) in der so genannten „Respekt-Debatte“ verständigt, eine Art „Ehrenkodex“ in der Liga einzuführen.

Im Rahmen der vom SV Nollingen initiierten Runde waren sich alle Anwesenden einig, dass Gewalt und Beleidigungen im Fußball keinen Platz haben: „Es ist traurig, wenn nicht alle Beteiligten ihren Spaß am Hobby haben“, so Thorsten Szesniak vom SV Herten.

Als Ergebnis der zweistündigen, angeregten und herzlichen Diskussion stehen mehrere Punkt: Ab kommendem Spieltag werden alle Bezirksliga-Mannschaften vor dem Spiel sowohl Gegner als auch Schiedsrichter per Handschlag begrüßen und nach dem Spiel verabschieden. Beschlossen wurde zudem das sich Trainer und Schiedsrichter dieser Liga vor den Halbrunden zum gegenseitigen Kennenlernen treffen. Obmann Ralf Brombacher bietet an, bei diesen Runden Video-Material aus der Schiedsrichter-Schulung zu zeigen. Zudem verpflichten sich die Vereine, ihre Mitglieder und Fans via Stadionheft, Durchsagen oder Internet-Seite zur Fairness gegenüber Spielern und Schiedsrichter aufzurufen.

Wichtig sei, so allgemeiner Tenor, dass Vereine einen Weg finden, fehlbare Zuschauer zu disziplinieren. „Wir wollen Emotionen, keine Beleidigungen“, stellte Tiziano Di Domenico vom SV Weil II fest – auch im Hinblick des Verhältnisses von Trainern und Schiedsrichtern während des Spiels. Um ein „Miteinander“ zu finden und eine Vertrauensbasis zu schaffen, wurde beschlossen, sich regelmäßig zu treffen.

Umfassend diskutiert wurde der „erzieherische Auftrag“ der Trainer, vor allem bei Jugendmannschaften. Harald Wittke (TuS Efringen-Kirchen) berichtete aus eigener Erfahrung als Trainer einer C-Junioren-Elf. Im schlimmsten Fall müsse bereits in dieser Altersklasse ein Spieler ausgeschlossen werden, wenn er Ermahnungen und Regeln wiederholt nicht einhalte. Konrad Enz vom Gastgeber SV Nollingen betonte, dass sein Verein erfolgreich mit Elternversammlungen für A- und B-Junioren arbeite. Er regte an, Geld, das an Aktivspieler gehe, viel sinnvoller bei der Jugend eingesetzt wäre: „Dann hätten wir dort mehr qualifizierte Trainer.“

Heiko Lehmann (FC Grießen) warnte davor, dass Jugendtrainern zuviel Verantwortung aufgebürdet wird: „Der Erziehungsauftrag beginnt im Elternhaus.“ Di Domenico sah das etwas anders: „Viele Eltern stehen heutzutage unter Druck, da müssen die Vereine unterstützen. Auch er sieht noch Potenzial bei den Vereinen: „Wir brauchen für den Nachwuchs bessere Trainer.“